MENÜ

MENÜ

RESSLER Oliver

„WANDTAFEL“-KINO UND DAS KAPITALISTISCHE REGIME DER ENUNZIATION

Es gibt mindestens drei Strategien, die Oliver Resslers Arbeitsmethoden kennzeichnen, mit deren Hilfe sich das theoretische, praktische und aktivistische Potential der Bewegung darstellen lässt. Dabei gilt grundsätzlich eines: Ressler ist in erster Linie ein Darsteller und Beobachter der Bewegung. Das trifft auch implizit auf seine Werke zu. Seine Filme sind ihrer Natur nach darauf angelegt, Einfluss zu nehmen, zu agitieren.

Die erste Strategie ist ein Erbe des zapatistischen Slogans „Fragend gehen wir voran“, im Sinn des Strebens nach einer neuen Gesellschaft, das damit beginnt, dass Möglichkeiten aufgezeigt werden anstelle von Lösungen für bereits definierte Probleme „Die Revolution“, behauptet Ressler, „muss eher als Frage denn als Antwort gesehen werden.“

Die zweite Strategie, ein offener Prozess des Wissenserwerbs, der auf Transformation zielt, erklärt sich möglicherweise aus dem Erbe der Arbeiterbefragung. Dieser Prozess hat als Voraussetzung den ständigen Austausch von Ideen und Erfahrungen zwischen den Subjekten, die in wechselnden Rollen an ihm beteiligt sind. So wird ein horizontaler, transversaler – ein nicht-hierarchischer und repräsentationsloser – Kommunikationsraum aufgespannt, in dem die Stimmen der AktivistInnen subjektive Perspektiven und alternative Standpunkte anmahnen, die neben einander koexistieren und vielfach untereinander verknüpft sind, ohne dass irgendeine oder irgendeiner eine beherrschende Rolle spielt. Abgehackte Sequenzen inszenierter Sprechakte wechseln sich mit stehenden Bildern ab, nicht aus formalen Gründen der Montage, sondern um ein Nebeneinander, einen Parallelismus zu erzeugen, der auf die räumliche Natur des Netzwerks verweist, auf eine Debatte zwischen mehreren TeilnehmerInnen, auf den Transfer von einem Ort an einen anderen.

In den Statements und Monologen einzelner Individuen und in den Statements der Zwischentitel (Slogans, statistische Daten und Programme) wird die dritte Filmstrategie offenkundig. Diese kommt offenbar vom militanten Film nach 1968 und findet ihr Betätigungsfeld in Worten, im diskursiven Charakter des geschriebenen und gesprochenen Textes. In all diesen Fällen ist das kommunikative (im Gegensatz zum narrativen) Wort immer wichtiger als das Bild und setzt eine untrennbare Beziehung zwischen Sprache und politischer Aktion voraus, eine Beziehung, die das ursprüngliche linguistische Wesen des Menschen als politisches Wesen im aristotelischen Sinn zur Grundlage hat. „Das Wort demonstriert und verschafft einer Gemeinschaft von zuhörenden Subjekten Klarheit in Bezug auf das, was nützt und was schadet und infolgedessen auf das, was gerecht und was ungerecht ist.

Es mag zwar stimmen, dass eine Theorie wie die der Antiglobalisierung vor allem ein Verbund von Wörtern ist, aber für Ressler ist es notwendig, sie in Subjekten Gestalt annehmen zu lassen und sie durch eine Praxis, den Aktivismus, zu demonstrieren.

Marco Scotini,2014 (Textauszug aus der Publikation“Oliver Ressler: Kartografien des Protests“)

Zurück zur Übersicht

„WANDTAFEL“-KINO UND DAS KAPITALISTISCHE REGIME DER ENUNZIATION

Es gibt mindestens drei Strategien, die Oliver Resslers Arbeitsmethoden kennzeichnen, mit deren Hilfe sich das theoretische, praktische und aktivistische Potential der Bewegung darstellen lässt. Dabei gilt grundsätzlich eines: Ressler ist in erster Linie ein Darsteller und Beobachter der Bewegung. Das trifft auch implizit auf seine Werke zu. Seine Filme sind ihrer Natur nach darauf angelegt, Einfluss zu nehmen, zu agitieren.

Die erste Strategie ist ein Erbe des zapatistischen Slogans „Fragend gehen wir voran“, im Sinn des Strebens nach einer neuen Gesellschaft, das damit beginnt, dass Möglichkeiten aufgezeigt werden anstelle von Lösungen für bereits definierte Probleme „Die Revolution“, behauptet Ressler, „muss eher als Frage denn als Antwort gesehen werden.“

Die zweite Strategie, ein offener Prozess des Wissenserwerbs, der auf Transformation zielt, erklärt sich möglicherweise aus dem Erbe der Arbeiterbefragung. Dieser Prozess hat als Voraussetzung den ständigen Austausch von Ideen und Erfahrungen zwischen den Subjekten, die in wechselnden Rollen an ihm beteiligt sind. So wird ein horizontaler, transversaler – ein nicht-hierarchischer und repräsentationsloser – Kommunikationsraum aufgespannt, in dem die Stimmen der AktivistInnen subjektive Perspektiven und alternative Standpunkte anmahnen, die neben einander koexistieren und vielfach untereinander verknüpft sind, ohne dass irgendeine oder irgendeiner eine beherrschende Rolle spielt. Abgehackte Sequenzen inszenierter Sprechakte wechseln sich mit stehenden Bildern ab, nicht aus formalen Gründen der Montage, sondern um ein Nebeneinander, einen Parallelismus zu erzeugen, der auf die räumliche Natur des Netzwerks verweist, auf eine Debatte zwischen mehreren TeilnehmerInnen, auf den Transfer von einem Ort an einen anderen.

In den Statements und Monologen einzelner Individuen und in den Statements der Zwischentitel (Slogans, statistische Daten und Programme) wird die dritte Filmstrategie offenkundig. Diese kommt offenbar vom militanten Film nach 1968 und findet ihr Betätigungsfeld in Worten, im diskursiven Charakter des geschriebenen und gesprochenen Textes. In all diesen Fällen ist das kommunikative (im Gegensatz zum narrativen) Wort immer wichtiger als das Bild und setzt eine untrennbare Beziehung zwischen Sprache und politischer Aktion voraus, eine Beziehung, die das ursprüngliche linguistische Wesen des Menschen als politisches Wesen im aristotelischen Sinn zur Grundlage hat. „Das Wort demonstriert und verschafft einer Gemeinschaft von zuhörenden Subjekten Klarheit in Bezug auf das, was nützt und was schadet und infolgedessen auf das, was gerecht und was ungerecht ist.

Es mag zwar stimmen, dass eine Theorie wie die der Antiglobalisierung vor allem ein Verbund von Wörtern ist, aber für Ressler ist es notwendig, sie in Subjekten Gestalt annehmen zu lassen und sie durch eine Praxis, den Aktivismus, zu demonstrieren.

Marco Scotini,2014 (Textauszug aus der Publikation“Oliver Ressler: Kartografien des Protests“)

Werke von RESSLER Oliver:

Fly Democracy

Reclaiming Abundance

The Visible and the Invisible

We Have a Situation Here

MENÜ