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Vorwort

Fragen zur Eröffnung des neuen Kunstraums im Spiegelgitterhaus 

 

Wie stellt man ein Haus für zeitgenössische Kunst der Öffentlichkeit vor, das ein Privatmann, der gleich nebenan sein Wohnhaus hat, saniert hat, um seine über viele Jahre erworbenen Werke nach und nach (zu) zeigen (zu lassen)? Wie findet man eine Strategie, die den Sammler und dessen Werk auf eine angemessene Weise würdigt, die aber gleichzeitig auch die Zeitlichkeit markiert – jene des Erwerbens, aber auch jene des Besitzens? Wie auch setzt man (Ruf!)-Zeichen, dass nicht öffentliche Gelder dies alles bezahlt haben, sondern dass dies alles vielmehr auf die Initiative eines zwar unternehmerisch denkenden Kunstliebhabers zurückzuführen ist, dessen Kaufstrategie aber gerade nicht Wertsteigerung bedeutet hat, sondern dass es vielmehr die pure Faszination für Kunst war, die ihn über die Jahrzehnte dazu brachte, ein wirkliches Substrat des künstlerischen Schaffens dieses Landes in Form ganz konkreter Kunst-Werke abzubilden – um am Ende des Tages allerdings ausgerechnet der katholischen Kirche diese so erworbene Kunst zu schenken? Was traut man als Sammler dieser auch gremial durchaus behäbigen Institution denn zu, was man den offiziell damit Betrauten, wie etwa dem Landesmuseum, mit ihrer ungleich größeren Expertise, ihren Fachkräften, ihren Depots nicht zutraut?

Und wie lässt man die Vertreter des öffentlichen Gemeinwesens sich über das hier Geleistete zwar freuen, und gleichzeitig darüber doch auch nachdenken, dass sie, die das Gemeinwesen bestimmende Politik, (die ja immer – selbst wenn es keine festgeschriebenen Etats dort gibt – auch eine „Kulturpolitik“ ist) gestalten, in Zukunft für den weiteren „Betrieb“ hier auch etwas leisten könnte? Etwa, dass mehrere Ausstellungen im Jahr wirklich möglich sind, Öffnungszeiten inclusive?

Es sind schwierige Fragen, die hier kursieren. Auch wenn uns bei dieser ersten Ausstellung zum Feiern zumute ist. Die Fragen lassen sich nicht wegwischen. Sie müssen gestellt werden.

Damit eröffne ich ein zweites Bündel an Fragen, die sich mir stellen: Wie zeigt man in einer ersten Ausstellung, die sich in eine Reihe von vielen weiteren einordnen soll – das ist der Wunsch des Schenkers –, die Breite, die mediale Vielfalt, die thematische Aktualität dieser Kunst auf? Wie behauptet man also als Kurator für eine nicht urbane Öffentlichkeit, dass die Kunst, die Erich Wolf mit der Zeit immer stringenter gesammelt hat, nicht deshalb so wertvoll ist, weil sie die wichtigsten steirischen Künstlerinnen der Gegenwart versammelt, sondern weil sie eine Relevanz für die je aktuelle Gegenwart hat? Für mich? Für dich? Für Sie? Wie baut man dann wiederum in einer Ausstellung eine Erzählung auf, die nicht nur aus möglichst vielen Elementen aufgebaut ist, sondern auch möglichst viele künstlerische Positionen der Gegenwart dabei versammelt?

 

 

Steirische Gegenwartskunst?

 

Was aber ist die aktuelle Gegenwart? Was ist „steirisch“ dabei? Wie verträgt sich eine „steirische Kunst“ mit einer Gegenwartskunst, die sich, will sie denn ernst genommen werden, mit internationalen Maßstäben misst, und gleichzeitig mit Lokalpatriotismus oder Identitätsbewusstsein, mehr noch mit politischer Vereinnahmung fremdelt, ja die dieses Schenkel klopfende „Wir-sind-steirisch“ im Grunde ihres Herzens verurteilen, ja die damit gar nichts zu tun haben will? Wie zeigt man dann aber in einer ersten Ausstellung Kunst, die aber dochdas Etikett „steirische Gegenwartskunst“ trägt? Wollte diese Frage nicht einmal Günter Waldorf stellen, am Anfang, als es die Idee eines „Kunsthauses“ gab? Wer hat seine Frage eingelöst? Wer war sich gerade als Sammler nicht zu schade, nicht auf den Markt zu schielen, sondern auch und nur auf die Kunst vor Ort zu schauen? Erich Wolf war und ist so einer.

Doch gesellt sich die Frage dabei hinzu: Taugen die Werke, die Erich Wolf gesammelt hat, überhaupt für diesen Spagat von „steirisch“ und einem überregionalen Standard? Halten sie diesen aus? Lösen sie ihn ein? Wenn wir die Frage mit Ja beantworten, dann können wir als Gesellschaft,dann kann die verantwortliche Politik, dann kann diese Stadt, ja dieses Land für diese Leistung des Sammlers mehr als dankbar sein: Denn dann ist in dieser Sammlung etwas versammelt und konzentriert, was das kulturelle Substrat dieses Landes in der bildenden Kunst (ab-)bildet.

Und jetzt die Eröffnungsausstellung im – zumindest verglichen mit Graz – kleinen Gleisdorf, Anfang Mai des Jahres 2024, in einem wunderschönen Ort, das noch vor einem Jahr ein „Pfarrstadl“ war, das in Wirklichkeit eine verfallende Garage war.

 

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