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|8| Richard Kriesche - BLUT. KUNSTEDITION KLEINE ZEITUNG / RICHARD KRIESCHE

WENDEZEIT / ZEITENWENDE – die Botschaft aus Gleisdorf?

„Wendezeit / Zeitenwende“ – von überall her schon tönt dieses merkwürdige Begriffspaar, das man, so habe ich es neulich in der Zeitung gelesen, nicht mehr zu übersetzen braucht, es wird auch im Englischen und in anderen Sprachen verwendet: Man weiß, was damit gemeint ist. Erst vor zwei Wochen wurde in Graz (vom 18.–20. Apriln 2024) eine europäische Kulturkonferenz zu diesem Thema abgehalten – sein Programm war Englisch, nicht aber „Zeitenwende“. Es geht um jetzt, um diese jetzige Wende-Zeit, die eine eben überstandene globale Pandemie, die Klimakrise, die Migrationskrise, den Umbruch mit KI, die Bedrohung liberaler Demokratien, die reale und wieder mögliche Kriegssituation markiert. Je nach Betrachtungsweise steht „Wendezeit / Zeitenwende“ als Chiffre für eine epochale Zäsur, für eine politische Neuorientierung oder einen gesellschaftlichen Umbruch.

 

Erich Wolf hat „Wendezeit / Zeitenwende“ für die Eröffnungsausstellung seiner geschenkten Sammlung vorgeschlagen. Ich kann mir in meiner Rolle als Kurator für diese Sammlung – und als solcher habe ich sie ja auch nach und nach kennenzulernen – freilich nicht die Bemerkung verkneifen, dass ein Werk seiner Sammlung tatsächlich diesen Titel trägt. Es ist hier zwar nicht ausgestellt, weil es sich nicht in die Erzählung dieser Werke einfügen wollte, ich erwähne es trotzdem vorab: Es ist eine der gefühlt jahrzehntelang erschienenen, weil immer wiederkehrenden Kartage- und Osterausgaben von Richard Kriesche der „Kleinen Zeitung“, die diesen Titel trägt: Es war der Karsamstag und der Ostersonntag des Jahres 2021 (3./4. April), also jenes Ostern ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, in dem erstmals in der Kirchengeschichte Ostern nicht öffentlich gefeiert werden durfte. Genau genommen war es die letzte, die Richard Kriesche nach fast 15 Jahren gestaltet hat: Das Abchlussstatement des bekannten Medienkünstlers für ein Massenpublikum lautete demnach: WENDEZEIT/ZEITENWENDE. Und sie meint eigentlich Ostern.

 

Doch eine von Kriesches Osterausgaben hängt in dieser Ausstellung und sie ist ausgerechnet nicht aus der Sammlung Wolf, sondern stammt aus der Sammlung des KULTUMUSEUM, in welches alle Werke Erich Wolfs mit dem Schenkungsvertrag integriert werden. Auch dorthin wurde dieses eine Werk geschenkt und zwar von Bischof Egon Kapellari, dem der Künstler Kriesche wiederum mit besonderer Widmung diese signierte Ausgabe anvertraut hatte. Diese Osterausgabe der Kleinen Zeitung – ein Geschenk Kriesches an Bischof Kapellari, (der es wiederum dem KULTUM schenkte) aber hat sich in die Erzählung dieser Ausstellung gefügt: „BLUT CHRISTLICH“ – „BLUT JÜDISCH“ – „BLUT ISLAMISCH“ war als Wasserzeichen der Seiten zu lesen – noch immer. Und am Cover ein Zitat des österreichischen Humangenetikers Markus Hengstschläger, das feststellt, das man am Blutbild vielleicht Krankheiten oder Defizite feststellen kann, nicht aber die Hautfarbe, auch nicht die Religion. Seit dem 7. Oktober 2023 haben die drei Schriftbilder der lateinischen, hebräischen und arabischen Lettern aber noch einmal eine völlig neue Färbung erhalten. Denn zum Schock des Ukraine-Krieges kam noch das Massaker der Hamas an meist junge jüdische Menschen hinzu, ein unfassbarer Zivilisationsbruch, der allerdings bedauerlicherweise nicht die Massen der westlichen Eliten mobilisierte: Unfassbares Unrecht da am zivilisationsbrechenden Massaker an Jüdinnen und Juden und der Entführung der Geiseln, unfassbares Unrecht aber auch dort, im Vergeltungskrieg Israels in Gaza, wo Hunderttausende ebenso schuldlos leiden und hingeschlachtet werden. Die Logik des Krieges, jene von Angriff und Vergeltung ist selbstredend zerstörerisch.

 

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